Tauwetter

Tauwetter
Tau|wet|ter ['tau̮vɛtɐ], das; -s:
1. warmes Wetter [im Frühling], bei dem der Schnee schmilzt:
bei Tauwetter schwellen die Flüsse an.
2. politische Periode, in der größere Bereitschaft für Verhandlungen und friedliche Regelungen vorhanden ist:
die Regierung hofft auf ein Tauwetter, um die Freilassung der Gefangenen zu erreichen.

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Tau|wet|ter 〈n. 13; unz.〉
1. Witterung, bei der Eis u. Schnee tauen
2. 〈fig.〉 Zeit polit. Entspannung

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Tau|wet|ter, das:
(auf Frost folgende) wärmere Witterung, bei der Schnee u. Eis schmelzen:
Ü ein T. (eine entspannte Atmosphäre) in den Beziehungen der Staaten.

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I
Tauwetter,
 
russisch Ọttepel', Bezeichnung für die Auflockerung der ideologisch-politischen Reglementierung des kulturellen Schaffens in der UdSSR nach Stalins Tod (1953), benannt nach dem gleichnamigen Roman (1954, Neufassung 1956) von I. G. Ehrenburg. In dieser Zeit konnten kritische Romane über die Stalinzeit (W. D. Dudinzew, »Ne chlebom edynim«, 1956; deutsch »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein«) oder die Gräuel in sowjetischen Zwangsarbeitslagern (A. I. Solschenizyn, »Odin den' Ivana Denisoviča, 1962; deutsch »Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch«) erscheinen. Das Tauwetter endete 1964 mit der Verurteilung Im Allgemeinen Brodskijs wegen »parasitärer Lebensweise« und den Prozessen (1966) gegen A. D. Sinjawskij und J. M. Daniel.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Sowjetunion: Die UdSSR und der Ostblock
 
II
Tauwetter
 
Das Wort hat eine übertragene Bedeutung, die sich auf den russischen Schriftsteller Ilja Ehrenburg (1891-1967) zurückführen lässt. Im zweiten Band seiner Erinnerungen aus dem Jahr 1961 mit dem deutschen Titel »Menschen, Jahre, Leben« schreibt Ehrenburg mit Bezug auf die sehr schnell nach Stalins Tod einsetzende Entstalinisierung: »Seit Stalins Tod (5. 3. 1953) war erst ein Monat vergangen, aber irgendetwas auf der Welt hatte sich verändert (...) Jener April, von dem ich berichte, war ein ganz besonderer April (...) Wahrscheinlich hatte ich diesen April im Sinn, als ich im Herbst den Entschluss fasste, einen kleinen Roman zu schreiben, und als Erstes den Titel aufs Papier malte.« Dieser Titel lautete auf Deutsch: »Tauwetter«. Der Begriff aus der Meteorologie wird in diesem Roman bereits als Metapher für die Veränderungen der politischen Verhältnisse gebraucht. Er wurde dann allgemein auf die politische Entspannung im Bereich kommunistischer Ideologie bezogen.

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Tau|wet|ter, das <o. Pl.>: (auf Frost folgende) wärmere Witterung, bei der Schnee u. Eis schmelzen: gestern war bei uns T.; Ü ein T. (eine entspannte Atmosphäre) in den Beziehungen der Staaten.

Universal-Lexikon. 2012.

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